SERIE // TEIL 2: Konflikten im Arbeitsumfeld begegnen
Konflikte begegnen uns im Arbeitsalltag überall dann, wenn unterschiedliche Ansichten oder Meinungen aufeinandertreffen. Wie können Mitarbeiter und Führungskräfte hier eine konstruktive
Lösung finden? Im zweiten Teil der Serie „Konflikte im Arbeitsalltag“ geht es darum, wie Mitarbeiter kleine Konflikte frühzeitig untereinander lösen
können.
Im Arbeitsumfeld ist es oft schwierig ein Problem anzusprechen, sei es aus Angst, den Kollegen vor den Kopf zustoßen oder sich selbst zu schaden. Daher versuchen viele Mitarbeiter, den Konflikt
zu vermeiden, behalten das Problem für sich und gehen dem Kollegen lieber aus dem Weg.
Doch genau das ist oft kontraproduktiv: Wenn sich Kollegen nicht einfach meiden lassen und unterschwellige Konflikte nicht rechtzeitig erkannt oder angesprochen werden, besteht die Gefahr, dass
sie irgendwann eskalieren. Aus einer Mücke wird ein Elefant. Je früher eine heikle Situation angesprochen wird, desto leichter lässt sich aufkeimender Ärger abflachen und eine unangenehme
Angelegenheit aus der Welt schaffen. Doch das „WIE“ spielt eine entscheidende Rolle.
Fünf Anregungen, die helfen können, Ärgernisse frühzeitig zu lösen:
1. Ich-Botschaften verwenden
„Ich möchte eine Situation ansprechen, die mir Kopfzerbrechen bereitet...“ oder „Mir scheint, dass es in letzter Zeit häufig zu Spannungen zwischen uns kommt...“. Durch Ich-Botschaften teile ich
Beobachtungen mit, dadurch ist mein Anliegen keine Anschuldigung. Dazu gehört auch, mit der eignen Sichtweise zu beginnen. Ich versuche, ohne Wertung und konkret zu beschreiben, was mich
beschäftigt, z. B.: „Mir ist aufgefallen, dass...“. Statt Aussagen über den Anderen zu machen, schildere ich meine Wahrnehmung. In Du-Botschaften hingegen schwingen Vorwürfe, Unterstellungen
und Schuldzuweisungen mit, die das Gegenüber unter Rechtfertigungsdruck stellen, z. B. „Du hast“. Wenn ich mich dagegen auf meine Beobachtungen und Gefühle fokussiere, kann es zwar sein, dass der
Kollege meine Sicht der Dinge nicht teilt, ich aber eine reale Chance auf eine konstruktive Auseinandersetzung habe. Doch Geduld, erwarten Sie nicht von sich, dass das gleich wie am Schnürchen
klappt. Übung macht den Meister. Die gute Nachricht ist, selbst wenn es uns "nur" größtenteils gelingt, in Ich-Botschaften zu sprechen, hat das schon positive Auswirkungen. Also: dran bleiben und
überall üben, wo sich die Gelegenheit bietet, damit ein Automatismus daraus entstehen kann!
2. Gefühle benennen
Um zu verdeutlichen, was der Konflikt für mich persönlich bedeutet, hat es sich bewährt, Gefühle zu benennen, indem man z. B. sagt: „Es ärgert mich, dass... denn für mich bedeutet das...“.
Im Arbeitsumfeld werden Gefühle gerne vermieden oder als unsachlich angesehen. Gefühle zu benennen heißt aber nicht, emotional zu werden oder die Sachebene zu verlassen. Es geht darum, deutlich
zu machen, welche Auswirkungen etwas hat, oder wie belastend eine Situation für die eigene Person ist. Zudem relativieren sich Gefühle oft, wenn man zu ihnen steht und sie zum Ausdruck bringt.
Andernfalls kommen sie nonverbal zum Vorschein.
3. Nachfragen
Wen an einer Situation oder dem Verhalten eines Kollegen etwas stört, sollte das direkt zur Sprache bringen. Dadurch wird keine Zeit mit Selbstzweifeln, Beobachten und Analysieren vergeudet. „Wie
siehst Du das...?“ Offenes Nachfragen signalisiert Interesse und schafft gute Voraussetzungen für eine konstruktive Auseinandersetzung. Das heißt nicht, dass ich mit allem einverstanden sein
muss, was das Gegenüber vorbringt. Im Gegenteil, es ist wichtig, eine eigene Position zu beziehen. Interessiertes Nachfragen öffnet die Tür zu einem respektvollen Umgang und einem friedlichen
Gesprächsverlauf, in dem sich auch Missverständnisse klären lassen.
4. Perspektive wechseln
Wer sich in sein Gegenüber hineinversetzt, schafft die Ebene für offene und kooperative Kommunikation. Oft haben Menschen einen völlig anderen Blick auf den scheinbar gleichen Sachverhalt. Wir
bewerten Situationen unterschiedlich. Diese Bewertungen resultieren aus unserer Lebenserfahrung. Wie würde es mir in der Situation gehen? Wenn ich versuche, die Dinge mit den Augen des anderen zu
sehen, kann ich dessen Motive ergründen und es kann Verständnis wachsen. Aber es sollte ehrlich gemeint sein. Es bringt nichts, wenn mein Verständnis vorgetäuscht ist und Körperhaltung, Mimik und
Gestik davon abweichen, ich nicht zuhöre oder nicht ausreden lasse. Besonders wichtig für den Perspektivwechsel oder das Empathieempfinden ist, dass sich der Konflikt in einem frühen Stadium
befindet. Es ist sehr schwer von einer Meinung abzurücken, wenn ich mein Gegenüber bereits nicht leiden kann. Ich kann es aber auch experimentell versuchen und mir anschauen, was geschieht, wenn
ich auf meine ablehnende Haltung verzichte?
5. Lösungen erarbeiten
Es hilft, meinem Gegenüber einen Vorschlag zu machen, wie eine Lösung für beide in Bezug auf die weitere Zusammenarbeit aussehen könnte. Dabei lasse ich auch umgekehrt Vorschläge des anderen zu
und diskutiere die Lösungsmöglichkeiten. Wenn die Bereitschaft auf beiden Seiten vorhanden ist, einen Konflikt zu klären, beginnt ein Prozess der Annäherung mit dem Ziel, eine für beide Seiten
akzeptable Lösung zu finden.
Nicht jeder Konflikt lässt sich lösen. Dennoch sollten sich beide Parteien auf einen vernünftigen Umgang miteinander verständigen. Gemeinsam festgelegte Spielregeln können hilfreich sein. Denn
diese gegenseitige Verlässlichkeit wirkt sich letztlich auch positiv auf die Beziehung aus. Auf die eigenen Instinkte zu vertrauen, kann helfen, kleine Konflikte schnell zu lösen und seine
Konfliktfähigkeit durch geeignete Techniken auszubauen.
Link: Wie können Führungskräfte Konflikte frühzeitig erkennen?
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